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Schenkungsteuer | Schenkungsteuerbefreiung des Erwerbs einer Kunstsammlung (BFH)

Auf die zur Erlangung der vollständigen Steuerbefreiung einer Kunstsammlung erforderliche Bereitschaft des Steuerpflichtigen, die Gegenstände den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen, kann nur anhand objektiver Sachverhalte geschlossen werden. Der Erwerb einer Kunstsammlung ist nur insoweit in vollem Umfang steuerbefreit, als sich die einzelnen zur Kunstsammlung gehörenden Gegenstände zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits mindestens 20 Jahre im Besitz der Familie befunden haben.

(BFH, Urteil v. 12.05.2016 - II R 56/14, veröffentlicht am 27.07.2016)

Hintergrund: Nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Buchst. a ErbStG bleiben u.a. Kunstgegenstände und Kunstsammlungen mit 60 % ihres Werts steuerfrei, wenn die Erhaltung dieser Gegenstände wegen ihrer Bedeutung für Kunst im öffentlichen Interesse liegt, die jährlichen Kosten in der Regel die erzielten Einnahmen übersteigen und die Gegenstände in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang den Zwecken der Forschung oder der Volksbildung nutzbar gemacht werden. Die Steuerbefreiung wird in vollem Umfang gewährt, wenn die Voraussetzungen des Buchst. a erfüllt sind und ferner der Steuerpflichtige bereit ist, die Gegenstände den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG) und die Gegenstände sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie befinden.

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger erhielt aufgrund eines unbedingt abgeschlossenen Schenkungsvertrages von seinem Vater mit dessen Ableben im Jahr 2006 20 Kunstwerke. 16 Werke wurden bis 1985 angeschafft, vier Kunstwerke zwischen 1986 und 1995. Der Kläger schloss einen Kooperationsvertrag mit einer Stiftung, die Kunstwerke in einem Museum ausstellt. Nach Anzeige der Schenkung gegenüber dem FA beantragte der Kläger die vollständige Schenkungsteuerbefreiung für die Sammlung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b ErbStG i.d.F. für 2006.

Das FA behandelte 60 % des Erwerbs nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a ErbStG als steuerfrei. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG führte aus, es lägen die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung von 60 % nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a ErbStG vor. Die Voraussetzungen für eine vollständige Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b ErbStG seien aber nicht erfüllt. Zwar habe sich die Sammlung seit mindestens 20 Jahren im Familienbesitz befunden, jedoch fehle es an der Bereitschaft des Klägers, die Sammlung den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG). Um die Voraussetzungen einer solchen Bereitschaft zu dokumentieren, reiche eine schriftliche Mitteilung an die untere Denkmalbehörde aus. Eine solche zeitnah zur Schenkung gefertigte Anzeige liege aber im Streitfall nicht vor. Der BFH hob das Urteil des FG auf.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Der Erwerb der Kunstsammlung ist entgegen der Auffassung des FG in vollem Umfang steuerbefreit, soweit sich die zur Kunstsammlung gehörenden Kunstwerke zum Zeitpunkt der Schenkung bereits 20 Jahre im Familienbesitz befunden haben. Für die vier erst in der Zeit ab Ende Januar 1986 erworbenen Kunstwerke scheidet eine volle Steuerbefreiung aus.
     
  • Im Fall des § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG muss der Steuerpflichtige geeignete objektive Anhaltspunkte darlegen, die einen Rückschluss auf seine subjektive Bereitschaft zur Unterstellung der Kunstwerke unter die geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege nachweisen, wenn er die vollständige Steuerbefreiung in Anspruch nehmen möchte. Ausreichend ist aber die Bekundung der generellen Bereitschaft durch den Steuerpflichtigen, einzelne Gegenstände den Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen. Der Nachweis ist erbracht, wenn der Steuerpflichtige in einer Erklärung gegenüber der Denkmalbehörde seine Bereitschaft zum Ausdruck bringt, die Vorschriften des jeweils landesrechtlichen Denkmalschutzgesetzes zur Denkmalspflege einzuhalten.
     
  • Es handelt sich bei den Kunstwerken um eine bedeutende Sammlung des Expressionismus, die im öffentlichen Interesse erhaltenswert und mangels Einnahmeerzielung unrentabel ist sowie durch den Kooperationsvertrag und aufgrund der tatsächlichen Ausstellungstätigkeit für Zwecke der Forschung und Volksbildung nutzbar gemacht wird.
     
  • Für den Erwerb von 15 Kunstwerken der Sammlung ist die Steuerbefreiung in vollem Umfang zu gewähren, da diese Kunstwerke auch die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b ErbStG erfüllen.
     
  • Dem Erwerber einzelner Kunstwerke aus einer Sammlung steht die volle Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b ErbStG nicht zu, wenn bezogen auf diese Einzelstücke das zeitliche Erfordernis der zwanzigjährigen Zugehörigkeit zum Familienbesitz nicht erfüllt ist Aus diesem Grund ist es sachgerecht, die vollumfängliche Steuerbefreiung für den Erwerb der Kunstsammlung nur insoweit zu gewähren, als die einzelnen zur Kunstsammlung gehörenden Gegenstände die zeitlichen Voraussetzungen erfüllen.
     

Quelle: NWB Datenbank (Sc)


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